Recital in Schleswig-Holstein Festival

2005-08-27 / Lübecker Nachrichten

Pronstorf – Nicht endender Beifall und Standing Ovations haben die Zuhörer der kanadischen Pianistin Angela Hewitt gezollt, die am Donnerstagabend im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik-Festivals (SHMF) im Kuhstall in Pronstorf auftrat.

Wie weltweit, beeindruckte Angela Hewitt auch hier durch ihre brillante Musikalität und Virtuosität. Pfeilschnell glitten ihre Finger über die Tasten, verharrten bei einzelnen Tönen, manchmal schien es geradezu, als ob die Töne aus ihren Fingern hinaus fließen würden. Ob verträumt lächelnd, freudig strahlend oder böse erzürnt, die 47-jährige Pianistin spiegelte durch ihre Mimik und Gestik die Feinheiten der Kompositionen wider. Und so zog sie die Zuhörer in ihren Bann und tauchte mit ihnen in die musikalische Welt von Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven, Felix Mendelssohn und Maurice Ravel ein. Die Sonate Es-Dur Opus sieben von Beethoven begeisterte das Publikum so sehr, dass die Hände zum Applaus nicht mehr ausreichten und die Füße eingesetzt wurden.

Schon im Alter von drei Jahren erlernte die Kanadierin das Klavierspiel. Mit vier trat sie das erste Mal öffentlich auf. Eine umfassende musikalische Ausbildung mit Violine, Flöte, Gesang und klassischem Ballett folgte. Die aufrechte Balletthaltung hat sie auch heute noch, ob durch den Kuhstall schreitend oder vor dem Klavier sitzend. Einzelne ihrer Muskeln bewegten sich, während ihre Finger über die Tasten schwebten. Mit sechs Jahren begann sie ihr Studium am Royal Conservatory of Music in Toronto, mit 18 legte sie ihren Bachelor of Music an der Universität von Ottawa ab. Als sie 1985 den internationalen Bach-Wettbewerb in Toronto “In memoriam Glenn Gould” gewann, wurde sie schlagartig als bedeutende Interpretin Bachs auf dem modernen Konzertflügel gefeiert.

“Der Klavierabend war ein großer Erfolg und ein Fortschreiten des tollen Auftakts im letzen Jahr”, erklärte Hans-Caspar Graf zu Rantzau und fügte hinzu, dass das Publikum die musikalische Leistung gut und gebührend gewürdigt habe. “Die Zuhörer haben sich als professionell erwiesen, es gab kein Gequatsche und Geklatsche innerhalb der Klavierstücke”, lobte der Graf die rund 450 Besucher des Klavierabends. Vor zwei Jahren habe er sich an Herrn Steeger, den Verantwortlichen beim SHMF, gewandt und gefragt, ob sein Kuhstall sich als Aufführungsort eignen könne. Über die Leiter seien sie damals auf den Stallboden gekrabbelt und hätten Staub und Strohballen vorgefunden, doch der Ort habe Steeger zugesagt. Das Stroh wurde weggeschafft, und beim Fußbodenbau wurde die sehr gute Akustik entdeckt. “Der Erfolg des Klavierabends im letzten Jahr hat uns Mut gemacht, so dass wir die sanitären Anlagen, die Zuwege und die Parkplätze in Angriff genommen haben. Wir sind sehr glücklich und zufrieden”, sagte der Graf, auch wenn er nachdenklich hinzufügte, dass er und seine Familie mit davon leben würden, dass andere Menschen sich Geld abzweigten, um Kunst genießen zu können, was nicht wirklich lebensnotwendig sei.